THEATER

„…der Mensch spiel nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist,
und er ist nur da ganz Mennsch wo er spielt… „
Friedrich Schiller

Theaterspielen hat viele Facetten: Man sieht mit anderen Augen und erlebt eine Fülle und Vielfalt menschlichen Lebens, die einem im Alltag sonst nicht begegnet. Lerninhalte können sich vertiefen und unvergesslich werden.
Unterrichtsbezogene Spielszenen, Rezitationen und kleine Aufführungen auf Schulfeiern oder vor den Eltern gehören zum Schulalltag ab der ersten Klasse. Biblische Geschichten, Legenden oder historische Ereignisse werden mit Kopf, Herz und Hand nachvollzogen. So ist das Theaterspiel ein wertvolles Mittel, den jungen Menschen in all seiner Vielseitigkeit anzusprechen. Und dabei ist er doch ein Teil eines Ganzen. Die Schüler lernen, sich für die Gemeinschaft einzusetzen.

Glanzvoller Abschluss der gemeinsamen Zeit mit der Klassenlehrkraft ist das Theaterprojekt der achten Klasse. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt, und doch zählt jeder einzelne. Ob ein klassisches Drama oder ein gutes Jugendtheaterstück: Es gilt, ein abendfüllendes Programm zu erarbeiten. Und das verlangt von allen Mitwirkenden ein hohes Maß an Einsatz, Begeisterungskraft und Disziplin. Die intensive Arbeit an einer schönen Sprache und das Überwinden von Bewegungsgewohnheiten und Hemmungen stellt für dieses Lebensalter eine wichtige Herausforderung dar. Denken, Fühlen und Wollen verschmelzen auf der Bühne zum künstlerischen Ausdruck.

Bei dem großen Klassenspiel der 12. Klasse, das Teil des Waldorfschulabschlusses ist, dürfen die Schülerinnen und Schüler ihre Reife unter Beweis stellen. Mehr denn je sind hier Eigeninitiative und Tatkraft gefragt. Es wird ein Theaterrat aus drei bis sechs Schülern gebildet, der das gesamte Projekt mitorganisiert. An unserer Schule werden die großen Theaterprojekte von einem Fachlehrer betreut, der nicht nur die Regie führt, sondern auch mit den Schülerinnen und Schülern an der Sprachgestaltung arbeitet. Kostümkunde, Kulissenbau, Beleuchtung und Musik kommen als Arbeitsfelder für die Klassengemeinschaft hinzu und machen letztlich aus jedem Theaterstück ein soziales Gesamtkunstwerk.
Der Lohn aller Mühe: der Applaus des Publikums. Zwei öffentliche Abendaufführungen und zwei Aufführungen für die gesamte Schulgemeinschaft im Rahmen des Unterrichtes bilden den krönenden Abschluss der gemeinsamen Arbeit.

Kostümwerkstatt - Abstecken einer Hose

Was wäre ein Theaterstück ohne Kostüme… Interview im Juni 2023

Conny Lenz, Lehrerin für Handarbeit, betreut den Kostümfundus unserer Schule und ist für das Kostümbild bei den Theaterprojekten der 8. Klassen verantwortlich.

Liebe Frau Lenz, wann kommen Sie zum Projekt dazu?

CL: Wenn das Stück gefunden wurde, lese ich es und mache mir erste Gedanken dazu, wie ich gut mit den Schüler*innen arbeiten kann. Mein Ansprechpartner ist die Kostümbildgruppe, diese sollte aus sechs Schüler*innen bestehen, die grundsätzlich Spaß am Nähen haben sollten. Mit der Arbeit an den Kostümen kann ich sie zusätzlich zum Handarbeitsunterricht fördern. In der Tat sollte ein Bild entstehen. Die Kostüme sollten untereinander stimmig sein, egal ob sie einer bestimmten Epoche, wie im „Mord im Orientexpress“ den 1930ern entsprechen sollen oder einem Thema, wie in „Der Herr der Diebe“, das wir sehr fantasievoll gestalten konnten. Wichtig ist: Es ist das Stück der Klasse und ich möchte ihnen im wahrsten Sinne des Wortes keinesfalls etwas überstülpen. Mit den Kostümen unterstreichen wir die Charaktere und sie helfen, den Ausdruck auf der Bühne noch zu verstärken. Der über Jahre gewachsene Fundus unserer Schule ist schon eine wahre Schatzkiste.

Kommt jeder einzelne Schüler zu ihnen?

CL: Egal ob alle Kostüme oder nur ein Teil aus dem Fundus stammen oder neu angefertigt werden, zum Anpassen kommt dann jeder vorbei, damit ich am „Model“ die Kleidungsstücke so abstecken und anschließend vorbereiten kann, dass die Schüler sie ändern können, meistens um einiges enger und kürzer. Wir nähen manchmal Kleider von Größe 44 auf Größe 34! Meine Nähmaschine habe ich auch meistens hinter der Bühne dabei, das Handnähzeug wird immer gebraucht: mal wird ein Knopf lose, mal geht eine Naht auf oder der Reißverschluss muss frisch eingenäht werden.

Was sind weitere Aufgaben der Kostümbildgruppe?

Es ist wirklich Zupacken gefragt und es ist harte und herausfordernde Arbeit. Als erstes überlegt sich jeder zu ausgewählten Charakteren, wie er sich das Kostüm vorstellen könnte, wir sammeln diese Gedanken an einer Pinnwand. Dazu muss der Schüler recherchieren, was in der Zeit getragen wurde, in der das Stück handelt. Entwürfe erstellen wir gemeinsam, Schnitt und Zuschnitt bereite ich konzentriert für die Schüler vor. Die Geduld wird auf die Probe gestellt, wenn die Schüler*in in Handarbeit eine Näharbeit erledigen muss oder wenn zum Beispiel an eine Jacke andere Knöpfe angenäht werden sollen, damit es besser zum Stück passt. Ich ermuntere die Schüler*innen schon zur Detailverliebtheit! Auf der Bühne darf es ja auch ruhig üppiger sein. Erst dann wird es für das Theater perfekt. Schuhe, Frisur, Schminke, Schmuck, Kopfbedeckungen usw. – das alles gehört dazu.

Was macht Ihnen besondere Freude bei dieser Arbeit?

Das Eintauchen in die Stücke ist immer eine absolut schöne Zeit! So kreativ kann ich eigentlich nur an den Kostümbildern arbeiten. Und ich freue mich besonders, wenn ich bei der ein oder anderen Schüler*in ein Pflänzchen für das Schneidern gesetzt habe. Besonders gespannt bin ich deswegen auf das Schuljahr 2023/24 und die Aufführung der 12. Klassen, diese Schüler waren die ersten 8. Klässler, die ich in Prien unterrichtet habe.

Vielen Dank Frau Lenz!