UNSERE WALDORFSCHULE

Die Entwicklung des Kindes zu beobachten und zu verstehen ist die Grundlage für die Arbeit eines Waldorfpädagogen. Damit wird es möglich, das Potential und die sich entwickelnden Anlagen der Kinder und Jugendlichen über Jahre hin zu fördern. Methodik und Didaktik beziehen sich neben den fachlichen Inhalten auf das Lebensalter und die Entwicklungsbedürfnisse der Schüler. Die pädagogischen und sozialen Impulse Rudolf Steiners bilden dabei die Grundlage für die Gestaltung des Unterrichtes und der Schulgemeinschaft.

Es sind unsere Kinder, die das Tor und den Weg in die Zukunft einer sich stets wandelnden Gesellschaft öffnen. Waldorfpädagogik möchte jungen Menschen helfen, schöpferisch erneuernd ihren Platz und ihre Aufgaben in der Welt zu finden. Der Unterricht fördert deshalb Initiative, Selbstvertrauen, praktische Aufgabenbewältigung und problemlösendes Denken, wie auch Verantwortung und Teamfähigkeit. Vertrauen in sich selbst und Vertrauen in die Welt sind der Boden für eine Erziehung zur Freiheit und für ein lebenslanges Lernen.

„Die Entwicklung des jungen Menschen zu Freiheit, Selbstbewusstsein und Verantwortung für sich und die Welt ist das Ziel unserer Schule.“

20 FRAGEN – 20 ANTWORTEN

Was ist Waldorfpädagogik? Im Folgenden finden Sie die am häufigsten gestellten Fragen kurz zusammen gestellt. Sie geben einen allgemeinen Überblick über die Idee und das Konzept der Waldorfpädagogik. Die Fragen wurden vom Bund der Waldorfschulen zusammengestellt.

Waldorfschulen stehen grundsätzlich allen Kindern offen – unabhängig von Religion, Hautfarbe, Geschlecht und Einkommen der Eltern. Nach ausführlichen Informationselternabenden findet für jedes Kind ein Aufnahmegespräch an der Schule statt. Auch in höhere Klassen können Schüler als Quereinsteiger aufgenommen werden.

Rudolf Steiner gründete 1919 die erste Waldorfschule in Stuttgart. Die Idee dazu ging von Emil Molt aus, dem fortschrittlich gesinnten und sozial engagierten Besitzer der Waldorf-Astoria Zigarettenfabrik, der eine Schule für die Kinder seiner Arbeiter einrichten wollte. Inhalt und Methode der Waldorfpädagogik beruhen auf Rudolf Steiners Erkenntnissen über die Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Neben der Pädagogik fanden Rudolf Steiners geisteswissenschaftliche Forschungen auch Eingang in die biologisch-dynamische Landwirtschaft, die Medizin und die Kunst.

Nein, die Waldorfschule ist eine Schule für alle Begabungsrichtungen. Wenn Waldorfschüler malen, zeichnen, plastizieren oder bildhauern, geht es dabei nicht so sehr um das Ergebnis, als vielmehr um den Prozess. An dem Prozess erüben die Kinder und Jugendlichen eine Vielzahl von Fähigkeiten über das rein künstlerische Gestalten hinaus. Waldorflehrer sind bestrebt, den Verstand, die Kreativität und die Persönlichkeit ihrer Schüler gleichgewichtig zu entwickeln.

Nein. Ausdrücklich. Für Kinder, die Teilleistungsschwächen oder Verhaltensstörungen haben, gibt es – wie im staatlichen Schulsystem auch – besondere Waldorfschulen: die heilpädagogischen Förderschulen. An Waldorfschulen, die nicht ausdrücklich solche Sonderschulen sind, lernen Kinder aller Begabungsrichtungen wie an den staatlichen Regelschulen auch, nur dass hier neben intellektuellen Fähigkeiten gleichgewichtig auch soziale und handwerklich-künstlerische Fähigkeiten angesprochen werden.

Das ist von Schule zu Schule verschieden. Es ist richtig, dass eine Klasse bis zu 38 Schüler stark sein kann – in Prien hat man sich für die Zweizügigkeit entschieden mit maximal 26 Kindern pro Klasse.

Auch wenn Waldorfschulen in der Unter- und Mittelstufe auf Noten verzichten, korrigieren die Lehrer selbstverständlich alle Schülerarbeiten. Sie lassen es aber nicht bei dürren Noten bewenden, sondern formulieren individuelle Beurteilungen. In den Zeugnissen gehen die Lehrer ausführlich auf die Persönlichkeitsentwicklungen und auf die Lernfortschritte ihrer Schüler ein. Die Waldorfpädagogik richtet sich nach den Entwicklungsphasen der Kinder und der Jugendlichen. Deshalb ist nicht der Wissenstand, sondern die Gesamtentwicklung entscheidend. Von der ersten bis zur zwölften Klasse bleiben die Schüler nach Möglichkeit selbst dann in einer festen Klassengemeinschaft, wenn ihre Leistungen vorübergehend nachlassen. Niemand bleibt sitzen.

Da der Waldorfschulunterricht auf die jeweilige Entwicklungsphase der Schüler abgestimmt und sehr lebensnah gestaltet ist, stellt sich dieses Problem nur selten. Initiative zu entwickeln lernen die Kinder und Jugendlichen nicht aufgrund von Leistungsdruck, sondern aus einer gesunden Motivation heraus.

Die Praxis zeigt, dass gerade Waldorfschüler von Ausbildern besonders geschätzt werden. In einer Schule, die nicht nur die intellektuellen Fähigkeiten anspricht, können sich Schlüsselqualitäten wie Teamfähigkeit, Kreativität und die Fähigkeit, prozessual zu denken, vom ersten Schultag an entwickeln.

In den einzelnen Bundesländern gelten hierzu unterschiedliche Bestimmungen.

Die Waldorfschulzeit endet nach der 12. Klasse. Innerhalb dieser 12 Schuljahre haben die Jugendlichen sich nicht nur mit den Inhalten des regulären Waldorflehrplanes auseinandergesetzt, sondern eine Fülle von umfangreichen Projekten bewältigt, seien es die Praktika in der Oberstufe, die vielfältigen Theateraufführungen, der Eurythmieabschluss oder die Präsentation einer selbst gewählten Projektarbeit. Nach der 12. Klasse erhalten deshalb die Schüler*innen, die das auf der Grundlage der Waldorfpädagogik erarbeitete Unterrichtsangebot vollständig absolviert haben, den Zwölftklassabschluss.
Für viele berufliche Ausbildungsrichtungen ist jedoch zusätzlich ein staatlicher Abschluss Voraussetzung. Den Qualifizierenden Mittelschulabschluss bieten wir nicht an. Schüler*innen, die den Qualifizierenden Mittelschulabschluss erreichen wollen, unterziehen sich einer externen Prüfung. Teilweise bietet die Schule im Rahmen der Offenen Ganztagsschule Kurse zur Prüfungsvorbereitung an.

An unserer Schule führen wir in einem gesonderten Prüfungsvorbereitungsjahr die Schüler*innen entweder zum Realschulabschluss (mit der 12. Klasse) oder zur Allgemeinen Hochschulreife (13. Klasse) hin. Beide Prüfungen werden in enger und kollegialer Zusammenarbeit mit den staatlichen Schulen abgelegt.

Obwohl Waldorfschulen erwiesenermaßen besser wirtschaften als Regelschulen, sind sie auf Elternbeiträge angewiesen. Zwar ist im Grundgesetz das Recht auf freie Schulwahl verankert, aber die Zuschüsse der öffentlichen Hand an die Privatschulen sind wesentlich niedriger als die Mittel, die sie für Regelschulen aufwendet. Nachdem die Eltern die Bedürfnisse der Schule kennen gelernt haben, legen sie im Gespräch mit dem Schulgeldkreis ihre Beiträge so fest, dass diese einerseits den Notwendigkeiten des Schulbetriebes, andererseits ihren eigenen finanziellen Möglichkeiten entsprechen. Es ist ein Prinzip der Waldorfschule, kein Kind aus finanziellen Gründen abzulehnen.

Nein. Waldorflehrerinnen und -lehrer bauen im Gegenteil in der Unterstufe ein von „liebevoller Autorität“ geprägtes Verhältnis zu ihren Schülern auf. Kinder suchen ihre Grenzen. Nur wenn sie ihre Grenzen von den Erwachsenen erfahren, fühlen sie sich einerseits sicher und erleben sich andererseits als eigene Persönlichkeit. Im Laufe der Schulzeit wandelt sich das Lehrer-Schüler-Verhältnis mit der Entwicklung der Heranwachsenden.

In einer Gemeinschaft, die von Beständigkeit und Rhythmus geprägt ist, können Kinder sich gesund entfalten. Um ihnen darin eine verlässliche Stütze zu sein, begleitet ein Waldorf-Klassenlehrer seine Klasse nach Möglichkeit acht Jahre lang durch den Hauptunterricht, der die ersten beiden Stunden eines Schulvormittags in Form von Epochenunterricht umfasst. Dabei lernt er seine Schüler sehr gut kennen und kann individuell auf ihre Stärken und Schwächen eingehen.

Für Lehrer an Waldorfschulen gibt es eine eigene Ausbildung, die in einem Vollzeitstudium oder auch berufsbegleitend auf die besonderen Erfordernisse des Waldorfschulunterrichts vorbereitet. Klassenlehrer begleiten ihre Klasse (1-8) über mehrere Jahre und erteilen jeden Morgen in den ersten beiden Schulstunden den Hauptunterricht – jeweils ein Fach über mehrere Wochen (Epochenunterricht). Nach zwei Stunden Hauptunterricht übernehmen Fachlehrer den Unterricht in Fremdsprachen, Sport, Eurythmie, Musik, Religion und in den handwerklichen Fächern. In der Unter- und Mittelstufe geht es an der Waldorfschule nicht um die Fülle reinen Fachwissens. Vielmehr liegt der Schwerpunkt darauf, dass die Schüler eine lebendige Beziehung herstellen zu dem, was sie lernen, was sie sind und was sie an der Welt erleben. Auf diese Weise kann Lernen Freude machen – ein Leben lang.

In den ersten beiden Stunden eines Schulvormittags behandeln Waldorflehrer ein Stoffgebiet in Epochen über mehrere Wochen hinweg. So haben die Schüler zum Beispiel drei Wochen lang jeden Tag zwei Stunden Geschichte, dann wieder drei Wochen lang zwei Stunden Mathematik, usw. Sie können sich auf diese Weise intensiv mit einem Stoffgebiet verbinden. Grundfertigkeiten wie etwa Rechnen oder Schreiben festigen die Schüler über den Epochenunterricht hinaus in fortlaufenden Übstunden.

Der Unterricht an einer Waldorfschule ist nicht einseitig auf Wissensvermittlung ausgerichtet. Waldorfschulen wollen verstandesmäßige, kreative, künstlerische, praktische und soziale Fähigkeiten bei den Kindern und Jugendlichen gleichmäßig entwickeln. Vom ersten Schuljahr an lernen Waldorfschüler zwei Fremdsprachen. Jungen und Mädchen stricken, nähen und schneidern gemeinsam in der Handarbeit und sägen, hämmern und feilen gemeinsam im Werkunterricht.

Während der ganzen Oberstufe werden die Schüler in allen Fächern von Fachlehrern unterrichtet. Die handwerklichen Fähigkeiten, die sie sich über die gesamte Schulzeit hinweg haben aneignen können, werden von der 8. Klasse an durch mehrere Praktika ergänzt: In einem Landwirtschafts- und einem Forstpraktikum, einem Feldmess-, einem Betriebs- und einem Sozialpraktikum erhalten die Schüler eine ausgesprochen lebensnahe Ausbildungsgrundlage. Dabei liegt der eigentliche Sinn der Praktika nicht in der Berufsfindung, sondern im Erüben sozialer und persönlicher Fähigkeiten.

Es ist richtig, dass diese Aktivitäten zusammen mit dem Lernpensum in manchen Schuljahren eine Doppelbelastung für die Schüler bedeuten. Hier müssen immer wieder individuelle Lösungen gefunden werden. Tatsächlich liegen die Waldorfschulen aber – was die Abschlüsse angeht – gleichauf mit den staatlichen Regelschulen, meist liegen sie sogar über dem Durchschnitt.

Die Waldorfschule ist konfessionell nicht gebunden Zunächst entscheiden die Eltern, welchen Religionsunterricht ihr Kind besucht, später entscheiden die Jugendlichen selbst. Rudolf Steiners geisteswissenschaftliche Erkenntnisse sind zu keinem Zeitpunkt Gegenstand des Unterrichts.

Eurythmie ist eine Bewegungskunst, die an Waldorfschulen in allen Klassen unterrichtet wird. Im Unterschied zu gymnastischen, pantomimischen oder tänzerischen Bewegungen, die völlig frei gestaltet werden können, gibt es in der Eurythmie für jeden Buchstaben und jeden Ton eine ganz bestimmte Gebärde. In der Lauteurythmie stellen die Schüler zum Beispiel dar, was in einem Gedicht an Lauten und in der Toneurythmie, was in den Tonintervallen einer musikalischen Komposition lebt.

An der Waldorfschule stehen die naturwissenschaftlichen Fächer gleichgewichtig neben allen anderen Unterrichtsfächern. Das Fach Informatik ist fester Bestandteil an der Waldorfschule, wobei die Pädagogen Wert darauf legen, dass sich die Kinder, bevor sie die virtuelle Welt kennen lernen, mit der natürlichen Welt vertraut machen und ihre sozialen und schöpferischen Fähigkeiten an ihr entwickeln. In der Oberstufe ist der Umgang mit der Soft- und Hardware für jeden Waldorfschüler eine Selbstverständlichkeit.